Als vor 50 Jahren, in der Nacht zum 21. August 1968, zweitausend Panzer und eine halbe Million Soldaten aus der Sowjetunion, Polen, Bulgarien und Ungarn in die damalige Tschechoslowakei einmarschierten und damit den Prager Frühling brutal niederwalzten, wurde ein österreichischer Fotoreporter unmittelbar in das Geschehen hineingezogen. Sein Name: Franz Goës.
Der junge Fotoreporter sollte eigentlich im Auftrag einer französischen Zeitung über die seit Januar 1968 in der ČSSR laufenden Reformbestrebungen unter Alexander Dubcek berichten.
Am 31. Oktober 1967 ließ der damalige Staats- und Parteichef der ČSSR, Antonín Novotný, studentische Proteste gewaltsam niederschlagen und sorgte so für innerparteiliche Spannungen in der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei (KPČ). Daraufhin kam es am 4. Januar 1968 auf dem so genannten Januartreffen des Zentralkomitees der KPČ zur Ablösung von Novotný. Die Nachfolge trat Alexander Dubcek an, bis dahin 1. Sekretär der Kommunistischen Partei der Slowakei (KSS) und nun also reformorientierter Führer der Regierungspartei.
Dubcek propagierte in seinen Reformbestrebungen einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ und strebte einen kulturellen Pluralismus an, in dem Grundrechte wie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit und die Zulassung anderer Parteien garantiert werden sollten. Dazu hob er noch im Februar 1968 die Pressezensur auf. In weiteren Reformbestrebungen sollten den Betrieben mehr Freiheiten und eine Abkehr von der zentralen Planwirtschaft zugestanden werden. Die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der kommunistischen Partei gipfelte im am 27. Juni 1968 erschienenen "Manifest der 2000 Worte", in dem Intellektuelle und Künstler den Herrschaftsanspruch der kommunistischen Partei ablehnten und sich für eine Fortsetzung der Reformpolitik aussprachen.
All diesen, seit Januar 1968 ablaufenden Ereignissen stand die Sowjetunion mit äußerstem Misstrauen gegenüber. Sie befürchtete ein Übergreifen des Reformgedankens auf die anderen Ostblockstaaten und letztlich eine Gefährdung des Sozialismus. Bereits am 21. März 1968 wurden erste Gespräche zwischen Regierungsvertretern der Tschechoslowakei und der Sowjetunion, Ungarn, Bulgarien, Polen und der DDR geführt. Weitere Treffen, dann ohne Beteiligung der Tschechoslowakei folgten im Mai und Juni 1968. Die "Warschauer Fünf" genannten Staaten verschärften den Druck auf die tschechoslowakische Staatsführung und forderten im "Warschauer Brief" vom 15. Juli 1968, der später als Breschnew-Doktrin verstanden wurde, unter Androhung dies nicht länger hinzunehmen, eine sofortige und klare Abkehr vom Reformprozess. Damit sind die Weichen für eine militärische Intervention gestellt.
Als am Morgen des 21. August 1968 Panzer auf Prag und Bratislava zurollen, ist der Prager Frühling chancenlos. Tschechoslowakische Bürgerinnen und Bürger versuchen noch, ihre neu errungene Freiheit zu verteidigen. Doch das Entgegentreten wird durch die Invasionstruppen des Warschauer Pakts blutig niedergeschlagen. Alexander Dubcek wird einige Tage später gezwungen, das "Moskauer Protokoll" zu unterschreiben, in dem fast alle Reformpunkte des Prager Frühlings aufgehoben und die Stationierung sowjetischer Truppen in der Tschechoslowakei festgeschrieben wurden.
Die Niederschlagung des Prager Frühlings kostete etwa 150 Menschen das Leben.
Die Fotoausstellung wird vom österreichischen Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres sowie dem Rakouské kulturní fórum Prag zur Verfügung gestellt und ist vom 9. November 2018 bis 13. Jänner 2019 in der Hochschule Zittau/Görlitz, Campus Görlitz, Hermann-Heitkamp-Haus (GI) im 3. Obergeschoss zu sehen.
Kontakt:
Jürgen Möldner, Dipl.-Ing.(FH)
Fakultät Sozialwissenschaften
Multimediazentrum (MMZ)
Tel.: 03581 374-4273
E-Mail: j.moeldner(at)hszg.de