11. Dezember 2023

Agentinnen des Wandels

Das TRAWOS-Institut mit dem Bündnis der Lausitzer Kommunalen Gleichstellungsbeauftragten in Brüssel

Vom 24. bis 27. Oktober 2023 reiste das Bündnis der Kommunalen Gleichstellungsbeauftragten der Lausitz, vertreten durch Aline Erdmann (Stadt Cottbus), Fränzi Straßberger (Stadt Bautzen), Johanna Fischer (Landkreis Oberspreewald – Lausitz), Lisa Temesvári-Alamer (Landkreis Spree – Neiße), Marika Vetter (Landkreis Görlitz), Korina Jenßen (Stadt Hoyerswerda), gemeinsam mit Dr. Julia Gabler und Marie Melzer vom TRAWOS-Institut/Hochschule Zittau/Görlitz auf Einladung des sächsischen Ministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) und des brandenburgischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration, Verbraucherschutz (MSGIV) nach Brüssel. Das Anliegen war, Erkenntnisse aus der bisherigen Entwicklung des Strukturwandels der Lausitz sowie Fragen und Forderungen an den Prozess für eine geschlechtergerechte Transformation Vertreter*innen unterschiedlicher Europäischer Institutionen vorzustellen und das Thema Geschlechtergerechtigkeit in europäischen Transformationsprozessen zu diskutieren.

Als starkes Zeichen der Unterstützung begleiteten die beiden Ministerinnen Katja Meier und Ursula Nonnemacher, die beiden Staatssekretärinnen Dr. Gesine Märtens und Dr. Antje Töpfer sowie die brandenburgische Landesbeauftragte für die Gleichstellung von Frauen und Männern (LGBA) Manuela Dörnenburg das Bündnis. Die Europaabgeordnete Ska Keller unterstützte ebenfalls die Reise.

Die Reise wurde im Rahmen des TRAWOS-Projektes "Fe/male progress for coal exit and transition in Lusatia – our message to Europe!" organisiert

Alle Informationen zum Projekt sind hier zu finden.

Ein guter Zeitpunkt für die Reise

In Brüssel beginnen derzeit die Verhandlungen über die Kriterien für die nächste europäische Förderperiode von 2028 bis 2034: Damit werden viele Weichen dafür gestellt, was in den Kommunen wirken und die Regionen stärken soll. Der richtige Moment, um Erfahrungen aus den Kommunen einzubringen.

Zentrale Botschaften waren:

  1. Stärkung von Bottom-up-Prozessen, wie dem Bündnis der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, um Menschen vor Ort ernst zu nehmen und ihre Expertise in politischem Handeln einfließen zu lassen.
  2. Starkes politisches Bekenntnis der Europäischen Union zur Gleichstellung der Geschlechter speziell bei der Förderung in Transitionsregionen, da sie ein entscheidender Faktor für die sozioökonomische Entwicklung ist. Dies gilt insbesondere für die EU-Kohäsions- und Strukturpolitik (v. a. ESF Plus, EFRE, Just Transition Fonds JTF).
  3. Schaffung geschlechtersensibler Strukturen in Strukturwandelprozessen sind ein demokratisches Gebot. Dazu zählen paritätische Beteiligungsformate und der geschlechtergerechte Einsatz von öffentlichen Mitteln.
  4. Stringente Implementierung von Genderaspekten insbesondere bei der Programmausgestaltung, die konsequente Anwendung des Gender-Mainstreaming- Ansatzes bei deren Begleitung sowie eine stärkere Kontrolle der operativen europäischen Programme hinsichtlich der Umsetzung dieser Vorgaben (Evaluation).
     

Zwei Tage intensiver Gespräche – interessiert, fokussiert und auf Augenhöhe

Diese Themen wurden mit Vertreter*innen des Europäischen Parlaments, der Europäischen Kommission, des Europäischen Ausschusses der Regionen und des Rates der Gemeinden und Regionen Europas diskutiert; auch wie vorhandene Instrumente weiterentwickelt und wirkungsvoller eingesetzt werden können, so etwa inwieweit die Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf kommunaler und regionaler Ebene ein hilfreiches Instrument für die Kommunen sein kann, Gleichstellung in konkrete Maßnahmen zu gießen.

Alle Gesprächspartner*innen betonten die Bedeutung, die das Vermitteln der lokalen Erfahrungen für ihr Handeln in Brüssel hat.

Der zweitägige Fachaustausch und die zahlreichen persönlichen Kontakte haben einen ersten Grundstein für eine europaweite und Ebenen übergreifende Vernetzung von mit den Fragen des Strukturwandels befassten Akteurinnen und Akteuren gelegt.
 

Fazit und Ausblick

  • Zusammenarbeit über die kommunalen und Ländergrenzen hinweg lohnt sich, um schwierige und komplexe Themen anzugehen, für die es keine einfachen Lösungen gibt. So sind wir auch das Thema Geschlechtergerechtigkeit im Strukturwandel angegangen – hier geht es nicht nur um viel Geld, sondern v. a. um die Zukunft der Lausitz.
  • Der derzeitige Strukturwandel muss auch die Fehler aus dem Strukturbruch 1990 korrigieren: Wir haben viel Verständnis für das wahrgenommen, was in den 1990er Jahren auch schiefgelaufen ist - die große Verunsicherung, die vielen berufsbiografischen Brüche.
  • Die Entwicklung zukunftsfähiger Arbeitsplätze und die sozial-kulturelle Entwicklung müssen Hand in Hand erfolgen. Auch kleinere und mittlere Unternehmen sowie soziale Organisationen müssen eine echte Chance haben an EU-Mittel heranzukommen. Denn diese Kleinteiligkeit ist die Arbeits- und Lebensrealität vieler Frauen. Sie sind „Agentinnen des Wandels“ für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, unter oftmals sehr schwierigen Bedingungen.
  • Wenn die Strukturwandelregionen langfristig wirtschaftlich und gesellschaftlich erfolgreich sein sollen, braucht es eine korrigierende Gleichstellungsfinanzierung aus den Europäischen Strukturfonds. Für die Förderinstrumente ab 2028 braucht es harte Vorgaben für die Mittelvergaben.
  • Besprochen wurde die Schaffung einer Fachstelle in der Lausitz, die den Namen »Fonds für den gerechten Übergang« ernst nimmt und bei der Mittelvergabe prüft, ob Geschlechtergerechtigkeit ausreichend berücksichtigt wurde. Die Idee ist, die Lausitz zu einer Modellregion für andere Transitionsregionen im Rahmen eines Pilotprojekts zu machen.
Auftraggeber

Auftraggeber für die Reise war das Sächsische Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung (SMJusDEG) - Sachsen-Verbindungsbüro Brüssel in Zusammenarbeit mit Staatssekretärin Dr. Gesine Märtens, Ministerin Katja Meier das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MSGIV).

Ihre Ansprechpartnerinnen

Foto: Dr. phil. Julia Gabler
Projektleitung
Dr. phil.
Julia Gabler
Fakultät Sozialwissenschaften
02826 Görlitz
Furtstraße 2
Gebäude G I, Raum 2.21
2. Obergeschoss
+49 3581 374-4264
Projektmanagement
B.A.
Marie Melzer
Institut für Transformation, Wohnen und soziale Raumentwicklung
02826 Görlitz
Parkstraße 2
Gebäude G VII, Raum 315
2. Obergeschoss
+49 3581 374-4459