Der 5. Themenabend der Hochschule Zittau/Görlitz fand unter dem Titel „Tourismus in der Lausitz – Ideen für die Zukunft“ am 26.05.2016 in den Räumlichkeiten der Straße der Glasmacher 8 in Weißwasser statt.
Katrin Treffkorn, Forschungsmitarbeiterin am TRAWOS-Institut begrüßte als Moderatorin des Abends die Impulsgeber und Gäste von der Stadtverwaltung WSW, dem Landratsamt Görlitz, der Touristischen Gebietsgemeinschaft Neißeland, dem Lausitzer Technologiezentrum, der Lausitzer Wirtschaftsinitiative (Wil) sowie Tourismusanbietern aus Weißwasser und dem Umland.
Zu Beginn stellte Frank Schwarzkopf die langjährigen Aufgaben der Tourismusinformation des Stadtvereins in WSW, die Entwicklungen im Bereich Tourismus sowie den Denkmalen zur Industriekultur der letzten Jahre vor. Zwar sei der Tourismus in Weißwasser kein wirtschaftlicher Riese, doch stelle er einen realen und wichtigen Wirtschaftsfaktor dar, so Schwarzkopf. Dabei besteht Tourismus nicht nur aus Urlaubern, die durch die Stadt und das Umland radeln, mit der Waldeisenbahn fahren, das Landschaftsschutzgebiet Braunsteich oder das UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Teich- und Heidelandschaft erkunden, sondern umfasst „alle Aktivitäten von Personen, die an Orte außerhalb ihrer gewohnten Umgebung reisen und sich dort zu Freizeit-, Geschäfts-, oder bestimmten anderen Zwecken nicht länger als ein Jahr ohne Unterbrechung aufhalten“, betont Schwarzkopf. Mit der dieser Tage verliehenen UNESCO-Urkunde an den Geopark Muskauer Faltenbogen wird das gemeinsame Bemühen mit Partnern aus dem Umland ein weiteres Mal belohnt. Denn nun befinden sich im Umfeld von WSW insgesamt drei von der UNESCO zertifizierte Landschaften (Weltkulturerbe Bad Muskauer Park, Weltnaturerbe Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft) und bestätigen deren überregionale Bedeutung. Ein zentraler grenzüberschreitender Tourismusstützpunkt im Bahnhof von WSW als barrierefreie Ankommens- und Verteilerstation für Gäste aus Nah und Fern in der Region gehört daher zu den formulierten Entwicklungszielen der nächsten Jahre, welches in Zusammenarbeit mit deutschen und polnischen Partnern realisiert werden soll.
Internationale, nationale und gebietsbezogene Trends, wie der wachsende Bedarf über touristische Produkte und Dienstleistungsangebote hinausgehend zunehmend mehr sinnlich-erfahrbare Erlebnisse zu inszenieren, werden dabei ebenfalls in die Betrachtung einbezogen. Darauf ging im Anschluss Frau Prof. Ute Pflicke von der Hochschule Zittau/Görlitz näher ein, als sie das Projekt INNO-Tour – Innovationsnetzwerke zur Entwicklung regionaler anbieterübergreifender Konzepte und innovativer Produkte für kleine und mittelständische Unternehmen im Kultur- und Gesundheitstourismus vorstellte. Denn die Region verfügt über Potenziale in Form vieler kleiner Unternehmen im Bereich des Erlebnis-, Kultur- und Gesundheitstourismus. Diesen mangelt es jedoch oftmals an Kapazitäten für ihre Entwicklung und die nachhaltige Profilierung neuer Produkte. Das aktuelle Forschungsprojekt zielt deshalb auf die Vernetzung der Potenziale dieser Unternehmen; sowie mit entsprechenden Bildungs- und Forschungspotenzialen der HSZG im Bereich Tourismus-, Kultur- und Gesundheitsmanagement, um weltweite innovative Entwicklungstrends der Freizeit- und Tourismusbranche durch anbieterübergreifenden Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer für die einzelnen Unternehmen als auch für die gesamte Region besser zugänglich und leichter nutzbar zu machen.
Heutige Innovationspotenziale im Bereich Tourismus liegen vor allem im Aufbau und in der Intensivierung von vertrauensvollen Kooperationsbeziehungen zwischen sich ergänzenden Tourismusanbietern, um mit dem Austausch von Wissen und dem Teilen von Investitionsrisiken die Qualität von Produkten und Dienstleistungen zu verbessern und die Attraktivität der Destination nachhaltig weiterentwickeln zu können, unterstreicht Pflicke ihre Ausführungen und bietet dazu eine aktive Zusammenarbeit mit dem Bereich Tourismusmanagement der Hochschule an.
Eine ganz praktische Form kooperativer Zusammenschlüsse u.a. auch von touristischen Unternehmen im Personalbereich, stellen sogenannte Arbeitgeberzusammenschlüsse dar. Indem die Teilbedarfe der beteiligten Unternehmen flexibel kombiniert werden, können gemeinschaftlich ganzjährige, stabile Arbeitsverhältnisse in der Region geschaffen werden und attraktivere Arbeitsbedingungen qualifizierte MitarbeiterInnen langfristig binden, erläutert Sigrid Wölfing vom tamen Entwicklungsbüro Arbeit und Umwelt aus Berlin, die seit Jahren solche Unternehmenszusammenschlüsse in ganz Deutschland begleitet, im dritten Impulsbeitrag des Abends.
Das dies auch für Touristiker in der Lausitz eine praktische Innovationsstrategie zur Sicherung qualitativer Standards sein kann, bestätigte der anschließende Erfahrungsaustausch zwischen den Anwesenden über rechtliche Hürden (bspw. dem Arbeitgeberüberlassungsgesetz) bei der Überwindung der gegenwärtigen Schwierigkeiten, Fachkräften hier eine dauerhafte berufliche Entwicklungsperspektive bieten zu können und damit die Attraktivität der Region nicht nur als touristisches Ziel sondern auch als Wirtschaftsraum mit attraktiven Arbeits- und Lebensperspektiven zu fördern.
In die anschließende Diskussion leitet Gregor Schneider von der Planungswerkstatt WSW ein, mit Erläuterungen der Tourismusaspekte aus dem jüngst im Stadtrat von WSW beschlossenen Zukunftsstadtkonzept 2035, welches ganz bewusst auch die 360°-Region um WSW in den Blick nimmt. Attraktiv vernetzt über „smarte“ Infrastrukturen eröffnet WSW als „Oase im Outback“ eine Kultur des Ermöglichens und wird zur lebendigen Mitte einer facettenreichen Region zwischen Bergbaufolgelandschaften, Industriekultur und UNESCO-Welterbestätten, so die Vision. Wirklichkeit kann diese werden, wenn regionale Kooperationen vertieft werden, der wirtschaftliche Strukturwandel proaktiv gestaltet wird, WSW als Ankunfts- und Verteilerstation Kompetenzen und Informationen bündelt und sich als vertrauensvoller Kooperationspartner stärker vernetzt, fasst Schneider die von der Planungswerkstatt erarbeiteten Handlungsempfehlungen knapp zusammen.
Bislang unerreichte Ziele zahlreich geschriebener touristischer Entwicklungskonzepte und der Praxis zu ferne touristische Vermarktungsstrukturen auf Landkreisebene, auf die in der ausführlichen Diskussion von den TeilnehmerInnen hingewiesen wurde, machen deutlich, dass dafür nicht nur strukturelle Hindernisse sondern auch Denkblockaden zu überwinden sind.
Die Anwesenden zeigten sich sehr interessiert daran, das Thema einer zukunftsfähigen Tourismusentwicklung in der Region weiter zu verfolgen und auch in praktischen Zusammenarbeiten strategischen Kooperationen im Tourismus in der Region anzubahnen. Ein kontinuierlicher praxisnaher Austausch zwischen unterschiedlichen touristischen und kommunalen Akteuren, um sich als potenzielle Kooperationspartner kennen und wahrnehmen zu lernen, Vertrauen in die gemeinsamen Potenziale aufzubauen um miteinander kooperative Strategien entwickeln zu können, stellen dafür jedoch die Grundlage dar, die WSW als zentraler Ort im Rahmen der Umsetzung seiner Tourismusstrategie nicht nur berücksichtigen sondern initiativ aufgreifen sollte.
Ein Hochschul-Themenabend kann dafür lediglich ein anregender Impuls sein, den man zu gegebener Zeit zu diesem Thema auch wiederholen könnte.
Autorin:
Katrin Treffkorn