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16. August 2022

Hochtechnologien aus der Weltraumforschung

HSZG beteiligt sich an dem Vorhaben ERIS. Ziel des Projekts sind innovative Lösungen für Technologien für ein künftiges Leben auf anderen Planeten und Ressourcenschonung auf der Erde.

Der Bund sowie der Freistaat Sachsen verfolgen mit der Initiative “Wissen schafft Perspektiven für die Region!” das Ziel, den Strukturwandel in den sächsischen Kohleregionen durch die Ansiedlung von zwei neuen Großforschungseinrichtungen zu unterstützen.

Mit dem Weltraumtechnologieprojekt “European Research Institute for Space Resources - ERIS” wird ein Konzept für eine solche Einrichtung vorgeschlagen, das an bestehenden Kompetenzen der Kohleregion anknüpft und diese zukunftsfähig und mit Blick auf internationale Wachstumsmärkte weiterentwickelt.

Neben vielen regionalen Institutionen ist auch die Hochschule Zittau/Görlitz Partner dieses Projektes.

Prof. Dr.-Ing. Stefan Kornhuber geht im Interview auf Hintergründe und das Forschungsvorhaben der HSZG im Projekt ERIS ein:

Prof. Kornhuber, was steckt hinter dem Projekt ERIS?

Die Idee bei ERIS, aber auch bei den Mars- und Mondexpeditionen, ist es nicht wie bei der ISS ständig von Versorgungsmodulen von der Erde abhängig zu sein, sondern nur mit dem Nötigsten die erste Station aufzubauen und danach stückweise sprichwörtlich ‘alles‘ vor Ort mit den verfügbaren Materialien zu errichten und Lebensmittel zu erzeugen.

Welchen Beitrag leistet die Hochschule Zittau/Görlitz dabei?

Energie ist die Basis des Lebens in autarken Systemen. Die Forscher*innen der Hochschule Zittau/Görlitz setzen ihren Schwerpunkt auf die elektrische Energieversorgung mit besonderem Blick auf die notwendige Sicherheit und Resilienz der Systeme. Hinzu kommt die Entwicklung der notwendigen Komponenten aus den verfügbaren Rohstoffen unter den gegebenen besonderen Bedingungen aber auch der wirtschaftlichen Bewertung der Lösungsansätze.

Könnten Sie darauf etwas näher eingehen?

Um ein autarkes Leben auf anderen Planeten ermöglichen zu können, benötigt es insbesondere Energie. Ohne Sauerstoff fällt die konventionelle Verbrennung an dieser Stelle aus. Windkraft ebenso. Es bleibt somit die elektrische Energie mit der Erzeugung aus Photovoltaik. Diesen Forschungsbeitrag leistet unser Kollege Dr. Hartmut Stöcker von der TU Bergakademie Freiberg.

Um ein elektrisches Gleichspannungsnetz von dem das gesamte Leben inklusive Lebenserhaltungssysteme abhängt, zu gewährleisten, benötigt es stabile, autarke und zellular autonome sowie redundante und resiliente Energienetze unter Berücksichtigung der Generierung und der Lasten. Die Neuheit gegenüber der ISS besteht im erhöhten Energiebedarf in der Nahrungsmittelproduktion und der Wasser- und Energiebereitstellung zur Produktion. An den Voraussetzungen und der Gewährleistung des notwendigen elektrischen Netzes arbeitet Prof. Dr.-Ing. Uwe Schmidt aus unserer Fakultät Elektrotechnik und Informatik.

Um vor Ort die entsprechenden Energieanlagen unter Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen insbesondere Druck und kosmische Strahlung herstellen, aufbauen und betreiben zu können, müssen mit den verfügbaren Rohstoffen geeignete Materialien gefunden und qualifiziert werden, um die Anlagen mit der entsprechenden Energiedichte realisieren zu können. Dies betrifft insbesondere Schalt- und Kabelanlagen aber auch Komponenten wie wir sie von der „Hausinstallation“ kennen. Für diesen Bereich der elektrischen Komponenten zeichne ich mich im Team verantwortlich.

Hinzu kommt noch, dass, wie auch bei der NASA bereits vor Jahrzehnten eingeführt, Lösungsoptionen vor deren Umsetzung einer wirtschaftlichen Bewertung unterzogen werden sollen. Das Ziel ist ein technisch-kostenmäßiges Optimum zu finden. Daran arbeitet Prof. Dr. Tino Schütte von der Fakultät Wirtschaftswissenschaften und Wirtschaftsingenieurwesen.

Welchen Mehrwert bietet das Projekt neben dem perspektivischen Einsatz innovativer Technologien auf anderen Planeten?

Mit den gewonnenen Erkenntnissen aus verfügbaren Randbedingungen ein selbst-versorgendes System zu schaffen, können auch entsprechende neuartige Ansätze auf der Erde entwickelt werden, um den Rohstoffeinsatz zu minimieren und unabhängiger von bisher knappen und kritischen Ressourcen zu werden.

Zu ERIS hat die TU Bergakademie Freiberg jüngst folgende Pressemitteilung veröffentlicht:

Ob Satellitensysteme, präzise Ortungstechnik oder feinste Sensoren – Hochtechnologien aus der Weltraumforschung prägen bereits heute unseren Alltag. Aber sie können noch viel mehr für ein nachhaltiges und ressourcenschonendes Leben auf der Erde leisten. Im Projekt ERIS wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Bergakademie Freiberg gemeinsam mit Partnern aus Weltraumforschung und -technik sowie aus Rohstoff-, Energie-, Material- und Produktionsforschung Technologien entwickeln, die nicht nur den Bedingungen auf anderen Planeten gerecht werden, sondern gleichzeitig innovative Lösungen für gegenwärtige Herausforderungen auf der Erde bieten.

Grafik: ERIS

ERIS ermöglicht modernste Weltraumforschung in Sachsen

ERIS könnte bei erfolgreicher Bewilligung vom BMBF und dem Freistaat Sachsen eines von zwei neuen Großforschungszentren in den sächsischen Kohleregionen werden. Damit eröffnen sich neue wirtschaftliche Perspektiven und High-Tech-Standorte für die Industrie mit zahlreichen Arbeitsplätzen.

In dem mit modernsten Simulatoren für planetare Oberflächen und Habitattechnologien sowie robotischen und autonomen Systeme ausgestatteten Technologiezentrum sollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dann unter anderem Verfahren und Methoden für den Bau sich selbst versorgender Raumstationen entwickeln. Dazu gehören beispielsweise neue 3D-Druckverfahren, künstlich-intelligente Produktionssysteme und autarke Versorgungs- und Energiesysteme ohne Emissionen und Abfall. „Damit wird es möglich, Raumstationen direkt auf dem Mond aus dem vorhandenen Material zu errichten und unter den extremen Bedingungen autark zu versorgen“, erklärt Prof. Drebenstedt, TUBAF Sprecher von ERIS. Erste Bau- und Testeinsätze könnten in nicht allzu langer Zukunft real werden. Schließlich sind bereits für 2025 neue Mond- und Marsmissionen der NASA, der ESA und anderer privater Firmen geplant.

Neue Forschungs- und Studienperspektiven für Doktoranden und Studierende

Eine erfolgreiche Umsetzung des Projekts eröffnet aber nicht nur in der Lausitz neue Perspektiven, sondern auch für Studierende und Doktorandinnen sowie Doktoranden der TU Bergakademie Freiberg. Denn für die Entwicklung von Weltraumtechnologien ist nicht nur Wissen aus der Raumfahrtbranche gefragt, sondern vor allem aus den Bereichen der Natur- und Ingenieurwissenschaften, aus der Mathematik, der Informatik und Robotik, aus dem Maschinenbau, aus der Energie- und Verfahrenstechnik sowie aus den Werkstoff- und Wirtschaftswissenschaften. Geplant sind auch neue Studiengänge und Lehrkonzepte, die alle notwendigen Bereiche miteinander verknüpfen.

Die Auswahl der besten zwei Konzepte des Wettbewerbs „Wissen schafft Perspektiven für die Region!“ erfolgt voraussichtlich Ende September 2022. Die ERIS-Webseite bietet weitere Informationen.

Foto: Prof. Dr. techn. Stefan Kornhuber
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Stefan Kornhuber