26. April 2024

Die Europäische Union als tägliches Glück und Aufgabe

Warum die Mitglieder und Angehörigen der HSZG den Europa-Tag am 27.04.2024 begehen und in Zittau mit ihren polnischen und tschechischen Kolleg*innen und Nachbarn feiern.

Die Europäische Union, 1957 mit den Römischen Verträgen begründet, erlebte 2004 eine weitere Sternstunde. Zehn ost- und südeuropäische Staaten, darunter Polen und Tschechien, traten ihr nach einem langen, oft anstrengenden Beitrittsprozess feierlich bei. Damit wurde nicht nur eine wichtige Etappe der postsozialistischen Entwicklungen in Ostmitteleuropa seit 1989 abgeschlossen, sondern auch die seit dem Zweiten Weltkrieg bestehende Teilung Europas in einem weiteren wichtigen Schritt institutionell überwunden. Die Europäische Union war nicht länger ein westeuropäisches Projekt, sondern kann seitdem von sich behaupten, gesamteuropäisch verortet und fundiert zu sein.

Am 27.04.2024 feiern wir den Europa-Tag als zwanzigjähriges Jubiläum der Aufnahme namentlich der ostmitteleuropäischen Staaten und für uns von besonderer Bedeutung, der Länder Polen und Tschechien.

Die Hochschule Zittau/Görlitz versteht sich seit ihrer Gründung 1992 als wichtige akademische Einrichtung in der von Polen (Wojewodschaft Dolnośląskie), Tschechien (Liberecký kraj) und Deutschland (Ostsachsen, Landkreis Görlitz) gebildeten Dreiländerregion. Mit dem Beitritt Polens und Tschechiens zur EU im Jahr 2004 wurden jedoch Möglichkeitsräume für die transnationale regionale Kommunikation und Kooperation geöffnet, die bis dahin ausgeschlossen waren. Sie betreffen sowohl die Chancen von wechselseitigen Auslandsaufenthalten von Studierenden, Lehrenden und Forschenden (z. B. im Rahmen des Erasmus-Programms der EU), von gemeinsamen Lehrveranstaltungen, Workshops und Konferenzen als auch die Etablierung bi- oder sogar trinationaler Studiengänge, wie es z. B. mit der Technischen Universität Liberec (etwa im Studiengang Internationales Management) der Fall ist. Darüber hinaus wurden in den letzten Jahrzehnten Kooperationen im Bereich der wisssenschaftlichen Forschung sowie des Transfers in die Praxis geschaffen, die vom Maschinenbau und der Elektrotechnik über die Informatik und Wirtschaftswissenschaften bis zu den Sprach- und Sozialwissenschaften reichen. Dabei fördert die Europäische Union über verschiedene Programmlinien und Instrumente Nachwuchswissenschaftler*innen (z. B. über ESF-geförderte Promotionsstellen oder Nachwuchsforschergruppen), wissenschaftliche Netzwerkbildungen sowie Projekte der Grundlagen-, aber auch angewandte Forschung (etwa über das EU-Horizont-Programm oder EFRE, d.h. den regionalen Entwicklunsgsfonds). Jüngst gab es die erste Ausschreibunsgrunde des Just Transition Funds (JTF) der EU, mit dem die Erforschung und die Innovationsdynamik im regionalen Strukturwandel der europäischen Kohleregionen mit erheblichen Mitteln gefördert wird. Die Hochschule Zittau/Görlitz beteiligte sich daran erfolgreich; die ersten Projekte starten in Kürze.

Generell gilt, dass unsere Hochschule und unsere Region seit vielen Jahren in hohem Maße von den Austauschinstitutionen wie den Förderprogrammen der EU profitiert. Dabei treten die EU und die Dreiländerregion nicht nur als Raum und Ressourcengeber für Lehre, Forschung und Wissenstransfer auf, ohne die das akademische Leben ungleich ärmer wäre. Dreiländerregion und europäische Integration sind zugleich wichtige Gegenstände des Lehrens und Forschens an unserer Hochschule wie an den grenznahen Hochschulen unserer Nachbarländer. Themen wie die grenzüberschreitende Mobilität oder Energieversorgung, gemeinsame Nachhaltigkeitsstrategien, eine transnationale ökonomische Regionalentwicklung oder Fragen interkultureller Bildung und Verständigung sowie gemeinsamer politischer Zukunftsprojekte bewegen uns und werden zusammen mit Kolleg*innen aus Polen, Tschechien und anderen EU-Staaten untersucht.

Die Europäische Union am 27. April in Zittau zu feiern und die bisherigen Möglichkeiten wie Erfolge herauszustellen, ohne die nicht nur das wissenschaftliche, sondern auch das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben in unserer Region weitaus weniger innovativ und attraktiv wären, bedeutet freilich nicht eine kritiklose Einstellung zu den gegenwärtigen Orientierungen, Regulierungen und Programmen der EU oder einzelner ihrer Staaten. Das gilt auch für den akademischen Sektor. Unsere Kritik stellt aber – anders als rechts- und linkspopulistische Politikangebote – die überwältigenden Leistungen der EU, vor allem als Friedens-, Freiheits- und Solidarordnung in Europa, nicht in Frage, sondern zielt darauf ab, auf dieser Grundlage die bestehenden Probleme etwa im Bereich der Migrationspolitik, der Überregulierung oder einer nachhaltigen Wirtschafts- und Finanzpolitik in den kommenden Jahrzehnten besser zu lösen.

Dabei ist es unsere am Ende tägliche Aufgabe in der Dreiländerregion, unmittelbar vor Ort initiativ zu werden, praktische Lösungen zu erarbeiten und in transnationalen Modellprojekten auszuloten, was jenseits bisheriger Regeln und Routinen denk- und lebbar sein könnte.

Wir freuen uns auf die nächsten zwanzig Jahre gemeinsamer Arbeit in der und für die Europäische Union und ihre Menschen.

Europa-Fest am Dreiländerpunkt!

Besuchen Sie uns auf dem Europa-Fest in Zittau am 27.04.2024, inforieren Sie sich über unsere Arbeit in Europa und kommen Sie mit uns über all das ins Gespräch. Wir würden uns freuen.

Foto: Prof. Dr. phil. habil. Raj Kollmorgen
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